~ Persönlichkeit einfach
erklärt ~
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Die Big Five der Persönlichkeit sind ein wissenschaftliches Modell der Psychologie, welches die wichtigsten Eigenschaften des menschlichen Verhaltens erklärt. Sie bestehen aus fünf voneinander unabhängigen, im Lauf des Lebens relativ stabil bleibenden Persönlichkeitseigenschaften: Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus. Die Big Five können mittels Persönlichkeitstests gemessen werden und sind seit mehr als 20 Jahren der Gold-Standard der Persönlichkeitsforschung. |
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(Die Reihenfolge sagt nichts über die Bedeutung der
Eigenschaften.) Extraversion Offenheit
für neue Erfahrungen Verträglichkeit Gewissenhaftigkeit Neurotizismus
Aktive Suche nach
Aufregung, Aktivität, Geselligkeit und sozialen Kontakten.
Offenheit für Neues und
Beschäftigung mit geistigen
Themen.
Rücksichtnahme auf andere
und das Erhalten positiver Beziehungen.
Kontrolliertes, zielsicheres und diszipliniertes
Verhalten.
Empfindlichkeit gegenüber
negativen Einflüssen, Emotionen und Gedanken.
Die fünf Big Five Eigenschaften werden als Faktoren bezeichnet. Man unterscheidet zwischen niedrigen und hohen Ausprägungen dieser Faktoren. Sie beschreiben unser Verhalten in nahezu allen Lebensbereichen. Die Ausprägung die wir darin haben ist größtenteils genetisch veranlagt, also angeboren. Die Big Five, oft auch FFM = Fünf-Faktoren-Modell genannt, gelten in Wissenschaft und Forschung als das bestmögliche Modell zur Erfassung der menschlichen Persönlichkeit. Sie basieren auf statistischen Zusammenfassungen der Beschreibungen von Personen anhand von Eigenschaftswörtern und sind seit mehr als 20 Jahren das wissenschaftliche Standardmodell zur Einschätzung der Persönlichkeit.*
Die Stärke der Ausprägung eines Big Five Faktors wird auf einer Skala dargestellt, ähnlich der eines Thermometers: Jemand kann darauf zum Beispiel eine sehr starke Ausprägung in eine Richtung haben (A), mittig in der Balance liegen (B), oder eine deutliche, aber nicht starke Tendenz zu einer Richtung haben (C).
Hier beim Typentest ordne ich jeder hohen und niedrigen Ausprägung der Big Five Faktoren jeweils einen eigenen Begriff zu, um diese leichter beschrieben zu können. Extraversion wird aufgeteilt in introvertiert und extrovertiert, Offenheit in praktisch und theoretisch, Verträglichkeit in hart und kooperativ, Gewissenhaftigkeit in spontan und geplant, und Neurotizismus in resistent und empfindlich. Mehr dazu weiter unten.
Big Five Faktoren ausführlich erklärt:
Aktive Suche nach Aufregung, Aktivität, Geselligkeit und sozialen Kontakten.
Extraversion ist die Eigenschaft der Big Five, die generell den größten Einfluss auf unser alltägliches Verhalten ausübt, und auch die, die am besten erforscht ist. So hat man herausgefunden, das extrovertierte Menschen deswegen aktiver und kontaktfreudiger sind, da sie einen stärkeren Drang nach Belohnungen, Aufregung und positiven Gefühlen haben. Sie zeigen positive Gefühle deutlicher als Introvertierte und leben diese auch stärker aus. Introvertierte Menschen sind deswegen zurückhaltender, da bei ihnen dieser Drang nach Aktivität und den durch Geselligkeit ausgelösten Glücksgefühlen nicht so stark ist.
In der
Persönlichkeitsforschung der Big Five wird Extraversion
in folgende Unterkategorien unterteilt: Herzlichkeit/Wärme,
Geselligkeit, Durchsetzungsfähigkeit/Entschlossenheit,
Aktivität, Erlebnishunger und Frohsinn.
Niedrige Ausprägung bei Extraversion =
introvertiert Zusammenhänge mit Schüchternheit. |
Hohe Ausprägung bei Extraversion =
extrovertiert Zusammenhänge mit Risikobereitschaft. |
Offenheit für Neues und Beschäftigung mit geistigen Themen.
Offenheit für Neues ist
die Big Five Eigenschaft, die bis heute die meisten
Rätsel aufgibt. Bis dato ist nicht eindeutig geklärt, ob
ihre Grundlage intellektuelle Neugier, Kreativität, eine
besonders tiefe Wahrnehmung oder etwas weniger
greifbares ist, wie die Freude an geistiger
Beschäftigung. Offenheit zeigt auch Zusammenhänge
mit Intelligenz, allerdings sind diese nur gering.
Sicher kann man jedoch sagen, das Menschen mit hoher
Offenheit an neuen Erfahrungen und
Erkenntnissen interessiert sind und sich gerne in
ungewöhnliche und komplexe Dinge hineindenken, während
Menschen mit geringer Ausprägung lieber bei altbewährten
Lösungen bleiben.
Niedrige Ausprägung bei Offenheit =
praktisch denken Zusammenhänge mit einer konservativen politischen Einstellung. |
Hohe Ausprägung
bei Offenheit =
theoretisch denken Zusammenhänge mit Kreativität, leichte Zusammenhänge mit Intelligenz. |
Rücksichtnahme auf andere und das Erhalten positiver Beziehungen.
Verträglichkeit ist die Eigenschaft der Big Five, die den Umgang mit anderen Menschen beschreibt. Während der Grad an Extraversion angibt, wie stark jemand nach sozialen Kontakten und Geselligkeit sucht, beschreibt der Grad an Verträglichkeit, wie wir uns anderen gegenüber verhalten. Ein hohe Verträglichkeit steht für kooperatives, freundliches Verhalten und generelles Vertrauen anderen Menschen gegenüber, während Personen mit niedriger Verträglichkeit eher schlechte Absichten bei anderen vermuten, sich ihren Mitmenschen gegenüber härter und unnachgiebiger verhalten, und auch Konfrontationen nicht scheuen. Sie stellen ihre Interessen vor die anderer, sind eher Einzelkämpfer als Teamplayer. Man geht davon aus, das dies daher kommt, dass sie sich nicht so gut in andere Menschen hineindenken und einfühlen können - was Menschen mit hoher Verträglichkeit leichter fällt.
Frauen haben bei
Verträglichkeit eine im Schnitt etwas höhere Ausprägung
als Männer.
Niedrige Ausprägung bei Verträglichkeit =
hart interagieren Zusammenhänge mit niedriger Ehrlichkeit-Bescheidenheit. |
Hohe Ausprägung
bei Verträglichkeit =
kooperativ interagieren Zusammenhänge mit Empathie und Altruismus. |
Kontrolliertes, zielsicheres und diszipliniertes Verhalten.
Gewissenhaftigkeit ist die
Eigenschaft der Big Five, die unsere Selbstdisziplin und
Zielstrebigkeit beschreibt. Menschen mit niedriger
Gewissenhaftigkeit lassen sich leicht ablenken, machen
gerne das, was ihnen gerade einfällt, und lassen die
Dinge einfach auf sich zukommen. Menschen mit hoher
Gewissenhaftigkeit arbeiten dagegen beharrlich auf
ihre Ziele hin, achten dabei mehr auf Details, handeln
strukturiert und überlegt. Der Kern dieser Eigenschaft
liegt in der Selbstkontrolle: umso stärker diese ist,
desto höher die Gewissenhaftigkeit. Gewissenhafte
Menschen haben es allgemein etwas leichter im Leben, da
sie sich besser dazu bringen, ihre Ziele zu erreichen
und Vorgaben einzuhalten. Zu viel pedantische Kontrolle
kann allerdings auch negative Auswirkungen haben -
genauso wie zu wenig Kontrolle.
Niedrige Ausprägung bei Gewissenhaftigkeit =
spontan leben Zusammenhänge mit ungesundem Lebenswandel und Prokrastination. |
Hohe Ausprägung
bei Gewissenhaftigkeit = geplant
leben Konstante, leichte Zusammenhänge mit beruflichem Erfolg. Zusammenhänge mit Perfektionismus und gesundheitsbewusstem Leben. |
Empfindlichkeit gegenüber negativen Einflüssen, Emotionen und Gedanken.
Neurotizismus ist die Eigenschaft der Big Five, die unsere Empfindlichkeit gegenüber negativen Einflüssen beschreibt. Empfindliche Menschen sind häufiger nervös, reagieren schneller und stärker auf Stress, Probleme, Gefahren und negative Gefühle. Sie haben eine dünne Haut, ihre Emotionen nicht so gut im Griff, und leiden teilweise langfristig in Form von Depressionen oder Ängsten an ihrer Empfindlichkeit. Menschen mit niedrigem Neurotizismus haben dagegen symbolisch gesprochen eine dicke Haut und werden von negativen Einflüssen daher weit weniger mitgenommen. Sie sind emotional widerstandsfähiger. In gefährlichen Situationen bleiben sie eher ruhig und gelassen, wodurch sie Gefahren und Probleme aber auch unterschätzen können. Die Grundlage dieser Eigenschaft wird durch die Evolution deutlich: für das Überleben des Menschen was es einerseits von Vorteil, vorsichtig und ängstlich zu sein, um potentiellen Gefahren auszuweichen, andererseits aber auch, unerschrocken zu handeln und im Angesicht der Gefahr ruhig zu bleiben.
Frauen haben bei
Neurotizismus im Durchschnitt eine deutlich höhere Ausprägung
als Männer.
Niedrige Ausprägung bei Neurotizismus =
resistent sein Zusammenhänge mit Resilienz (Widerstandsfähigkeit) und Risikobereitschaft. |
Hohe Ausprägung
bei
Neurotizismus =
empfindlich sein Zusammenhänge mit Stressanfälligkeit, Vulnerabilität (Verletzbarkeit), Depressionen, Hochsensibilität und diversen Persönlichkeitsstörungen. |
Mehr über die Big Five Eigenschaften, inkl. wissenschaftlichen Hintergründen, Beispielen und Tipps finden sich in meinem Buch Menschenkenntnis - Der große Typentest.
Die meisten modernen Persönlichkeitstests nutzen die Big Five als Grundlage. In der wissenschaftlichen Persönlichkeitsforschung werden mittlerweile fast ausschließlich die Big Five oder Variationen von ihnen genutzt. Der bekannteste und meistgenutzte Big Five Test ist der NEO-PI-R von Costa und McCrae. Dieser wird besonders zu wissenschaftlichen Studien häufig eingesetzt, ist jedoch nicht in einer kostenlosen Version erhältlich. Daneben gibt es dutzende weitere Variationen von Big Five Tests, die sich qualitativ meist auf einem ähnlich hohen Niveau bewegen. Hier eine Auswahl:
Big Five Tests:
Typentest
Kurzversion
Testet die Big Five in einer einfachen
Kurzvariante mit einem von 32 Typen als Ergebnis.
Typentest XL
Neutraler 50-Fragen Big Five Test,
der die Eigenschaften auf beiden Seiten positiv
beschreibt.
Big Five Test nach NEO-PI-R
Klassischer, an den
NEO-PI-R angelehnter 50-Fragen Big Five Test auf Basis des
IPIP.
Buchversion
Im
Typentest Buch nutze ich den wissenschaftlichen
FIRNI (Five Individual Reaction Norms Inventory).
Typentest Mini
Unter
Downloads
findet sich der ultrakurze Typentest-Mini zum
ausdrucken.
Es gibt drei deutsche Bücher (inkl. Tests) zu den Big Five:
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Persönlichkeit - Warum du bist, wie du bist vom Evolutionspsychologen Daniel Nettle erklärt die Big Five sehr anschaulich, zeigt wissenschaftliche Hintergründe und beschäftigt sich ausführlich mit der Evolution unserer Persönlichkeit. Sehr interessant und empfehlenswert. |
Big Five - sich selbst und andere erkennen schlägt einen Pfad zwischen wissenschaftlichen Erklärungen und Verständlichkeit für Laien ein, kann dabei aber nicht immer auf beiden Seiten überzeugen. Dennoch ein empfehlenswertes Buch. |
Weitere Seiten zu Big
Five, Tests und Typologie finden sich unter
Links.
Die Big Five basieren auf Forschungsergebnissen anhand der Beschreibungen menschlichen Verhaltens. Das grundlegende Konzept der Big Five ist das lexikalische Prinzip: ein Lexikon nehmen und alle Wörter heraussuchen, die menschliche Eigenschaften beschreiben. Daraus werden die gängigsten Wörter zu einer Liste gebündelt und Personen gebeten, aus dieser Liste die Wörter zu wählen, die sie selbst und andere am besten beschreiben. Bei diesen Beschreibungen erkannte man Wörter, die immer wieder zusammen mit anderen genannt wurden, z.B. kontaktfreudig und gesellig, woraus sich fünf große Gruppen zusammenhängender Wörter gebildet hatten. Das sind die Faktoren der Big Five, die fünf deutlichsten Persönlichkeitsmerkmale.
Für alle diese Persönlichkeitsmerkmale (wie auch für jedwede Persönlichkeitseigenschaften in anderen Tests) gilt die so genannte Normverteilung. Das bedeutet, dass die meisten Menschen sich ungefähr im mittleren Bereich - der Balance - einer Eigenschaft befinden. Je stärker die Ausprägung zu einer Seite, desto seltener kommt diese vor. Dennoch hat jeder Mensch sehr individuelle Ausprägungen in seiner Persönlichkeit. Denn das jemand bei allen fünf Eigenschaften exakt am Mittelpunkt - also dem perfekten Durchschnittswert - liegt, kommt statistisch gesehen bei zwei Millionen Menschen nur ein einziges Mal vor. Es ist also ganz normal, nicht dem Durchschnitt zu entsprechen. Jede Persönlichkeit ist unterschiedlich und hat eine gewisse Einzigartigkeit. Modelle wie die Big Five helfen uns dabei, diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen.
Die Ausprägungen in den fünf Big Five Faktoren bleiben im Lauf des Lebens meist im ähnlichen Bereich. Das sich jemand in einer Eigenschaft komplett verändert, ist sehr unwahrscheinlich. Allerdings bewegen sich die Ausprägungen der Faktoren im Lauf der Zeit durchaus in die eine oder andere Richtung, jemand kann z.B. introvertierter werden oder gewissenhafter. Situationsabhängig kann sich jemand auch abweichend von seiner Ausprägung verhalten, z.B. introvertierte und ruhige Momente haben, obwohl er sonst meist extrovertiert ist. Dies ist ganz normal. Entscheidend ist, wie sich jemand meistens und in der Regel verhält.
Die Big Five Faktoren bilden in Form eines Testergebnisses die Beschreibung der Persönlichkeit. Warum gerade diese fünf Eigenschaften die bedeutendsten sind, und auf welchen psychologischen Grundlagen sie beruhen, hat man in den letzten Jahrzehnten erforscht und ist heute immer noch dabei. Um herauszufinden, warum diese Eigenschaften existieren und warum sie sich in unserer Evolution entwickelt haben, gibt es diverse psychologische Erklärungen und Studien. Ein Teil dazu siehe oben unter den einzelnen Faktoren, sowie ausführlicher dazu in meinem Buch.
Geschichte Der Big Five
Der Begriff Big Five wurde in den 80er Jahren durch den Psychologen Lewis Goldberg geprägt. Zum ersten Mal entdeckt wurden die Big Five zwar bereits 1949 in einer damals unbeachtet gebliebenen Studie, international bekannt wurden sie aber erst richtig durch den standardisierten Persönlichkeitstest "NEO Personal Inventory", welcher 1985 von Paul T. Costa und Robert R. McCrae veröffentlicht wurde. Die Beiden teilten dort jeden der fünf Faktoren in sechs Unterkategorien auf (mehr dazu unter Big Five Facetten). Das Big Five Konzept wurde in vielen wissenschaftlichen Studien in verschiedenen Ländern und Kulturkreisen mit Tests in der jeweiligen Landessprache wiederholt - auch in Deutschland. Auch wenn die Details teilweise abweichend waren, kam generell immer ein sehr ähnliches Ergebnis dabei heraus: fünf Gruppen von zusammenhängenden Wörtern, welche die fünf großen Persönlichkeitsmerkmale beschreiben. Die Entwicklung der Big Five schritt danach sehr schnell voran und bis heute wird immer mehr über sie herausgefunden. Mehr Informationen zur Entstehung der Big Five gibt es im Artikel Geschichte der Persönlichkeitstests.
Es gibt einige berechtigte Kritikpunkte an den Big Five. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich dabei um Kritik auf sehr hohem Niveau handelt. Die Big Five gelten in der Fachwelt uneingeschränkt als das aktuell beste Modell zur Beschreibung unserer Persönlichkeit. Es gibt keine Persönlichkeitstests, die unser Verhalten verlässlicher messen als solche auf Basis der Big Five. Kritik an ihnen ist ungefähr so, wie den schnellsten Sprinter dafür zu kritisieren, das er nicht noch schneller läuft.
Dennoch sind die Big Five
bei weitem nicht perfekt und es gibt valide Kritikpunkte
an ihnen (die allerdings auf andere Tests und Modelle in
noch größerem Ausmaß zutreffen). Hier die Wichtigsten:
Reine Statistik ohne dahinter stehende Theorie?
Einer der meist geäußerten
Kritikpunkte an den Big Five ist jener, dass sie rein
auf Statistik beruhen, und es keine dahinter stehende
psychologische Theorie gibt. Diese Kritik stammt vor
allem aus der Anfangszeit der Big Five und ist heute
nur noch eingeschränkt gültig. Denn für viele der
Faktoren wurden mittlerweile psychologische,
biochemische oder neurologische Zusammenhänge und
Grundlagen gefunden (siehe z.B.
Navi fürs Gehirn? Persönlichkeitseigenschaften der Big
Five lassen sich Gehirnregionen zuordnen). Von reiner Statistik kann also
keine Rede mehr sein. Die meisten aktuellen Big Five -
Modelle und Tests (z.B. der NEO-PI-R) wurden anhand
psychologischer Konzepte konstruiert. Es gibt Modelle,
welche die psychologischen Grundlagen der Faktoren
genauer formulieren und in den Vordergrund stellen, wie
das FIRNI von Denissen und Penke.* Was die Entstehung
der Persönlichkeitseigenschaften angeht, gibt es z.B.
die evolutionsbasierten Theorien von Daniel Nettle. Auch
ich verwende im Typentest psychologische Grundkonzepte
auf Basis verschiedener Studien und Erkenntnisse um die
Big Five darzustellen, mehr dazu in
meinem Buch.
Definitionen der fünf Faktoren
Nicht bei allen der Big Five Faktoren ist man sich sicher, was genau deren Grundlagen und Auswirkungen auf das alltägliche Leben sind. Besonders bei der Offenheit für neue Erfahrungen existieren verschiedene Definitionen, von Intellekt bis hin zu Kreativität und anderen Konzepten, siehe oben. In der Regel geht es jedoch nur um Detailfragen der verschiedenen Definitionen, das generelle Konzept der Big Five und der einzelnen Faktoren wird normalerweise nicht angezweifelt. In verschiedenen Kulturen rund um die Welt können die einzelnen Faktoren jedoch eine unterschiedliche Gewichtung haben. Beim abgeschieden lebenden Jäger- und Bauern-Volk der Tsimane in Bolivien waren die Big Five zum Beispiel viel weniger deutlich ausgeprägt wie in modernen Kulturen: Tsimane-Studie.
Eine weitere Ausnahme bildet das
HEXACO-Modell.
Hier wurden sechs Faktoren gebildet, die den Big Five
bis auf eine Ausnahme sehr ähnlich sind:
Verträglichkeit wurde hier aufgeteilt in die
bekannte Definition, sowie in den sechsten Faktor
Ehrlichkeit-Bescheidenheit.
Bei diesem geht es darum, ob sich jemand generell für
besser hält als seine Mitmenschen, den persönlichen
Vorteil sucht, und keine Probleme damit hat, zu lügen
oder zu betrügen. Quasi die dunkle Seite der
Persönlichkeit. Bei den regulären Big Five ist dies Teil
des Faktors Verträglichkeit, bei den Hexaco hat man
jedoch festgestellt, dass sich diese
Ehrlichkeit-Bescheidenheit sinnvoller als eigener, von
der Verträglichkeit unabhängiger Faktor betrachten
lässt. Eine Person kann nämlich eine niedrige
Verträglichkeit, aber gleichzeitig dennoch hohe
Ehrlichkeit-Bescheidenheit haben (oder umgekehrt). Ich
bin der gleichen Meinung, weswegen ich beim Typentest
Ehrlichkeit-Bescheidenheit ebenfalls nicht als Teil von
Verträglichkeit, sondern unabhängig davon betrachte.
Nur ein Teil der Persönlichkeit
Kritik an den Big Five aus wissenschaftlicher Richtung bezieht sich vor allem darauf, dass die fünf Faktoren rein durch Sprache bzw. Eigenschaftswörter zu Stande kommen, diese aber nicht ausreichend geeignet sind, um eine Person vollständig zu beschreiben. Das heißt, die Big Five können die Persönlichkeit nicht in ihrem kompletten Umfang erfassen.
Andererseits ist dies aber
mit keinem Persönlichkeitstest zu 100% möglich, und wird
wahrscheinlich auch nie möglich sein, da der menschliche
Charakter nun einmal sehr komplex ist. Jeder Test und
jedes Modell kann daher nur eine Vereinfachung dieser
Komplexität darstellen. Um eine Person umfassend zu
beschreiben, sind noch weitere Merkmale notwendig, wie
z.B. das Aussehen, persönliche Erfahrungen und die
Lebensgeschichte, die dann mit den Erkenntnissen über
die Persönlichkeit kombiniert werden.
Zu positiv-negativ wertend
Die Big Five Eigenschaften haben auf den ersten Blick positive und negative Seiten. Hohe Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit werden eher positiv bewertet. Niedrige Ausprägungen, so wie hoher Neurotizismus, werden als eher negativ angesehen. Zumindest was gesellschaftliche Normen und Erwartungen angeht.
Solche negativen Ergebnisse schrecken viele Menschen ab. Hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Big Five nichts anderes als unsere Wahrnehmung der Realität beschreiben. Diese Ansicht wird verständlicher, wenn man betrachtet, wie die Big Five entstanden sind: sie basieren allein auf Beschreibungen von Menschen, also auf Beurteilungen durch Eigenschaftswörter, z.B. sympathisch, freundlich, gutmütig. Diese fallen meist subjektiv aus, da z.B. extrovertierte Menschen offener und geselliger wirken als Introvertierte. Anders gesagt, manche Eigenschaften werden positiver wahrgenommen als andere: jemand mit hoher Verträglichkeit und viel Mitgefühl wirkt angenehmer, als jemand mit niedriger Verträglichkeit und wenig Mitgefühl. Das tatsächlich beides Vor- und Nachteile hat (Menschen mit niedriger Verträglichkeit können z.B. ihre Interessen besser durchsetzen, nehmen dabei aber weniger Rücksicht), ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich.
Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass im Verlauf der menschlichen Evolution alle Ausprägungen der Faktoren zu unserem Überleben beigetragen haben, weswegen sie sich in der Form eingependelt haben, wie wir sie heute kennen. Früher mag es von Vorteil gewesen sein, hohen Neurotizismus zu besitzen und häufiger Angst zu verspüren, wodurch Gefahren, z.B. durch wilde Tiere oder Krankheiten, frühzeitiger erkannt wurden. Heute bringt diese Eigenschaft jedoch keine direkten Vorteile mehr im Leben, weswegen uns niedriger Neurotizismus erstrebenswerter scheint. Mehr zur Evolution der Persönlichkeit findet sich in Daniel Nettle's Persönlichkeit - Warum du bist, wie du bist.
Neutraler im Typentest
Wie lassen sich also die Big Five in allen Ausprägungen neutraler darstellen? Hier kommen andere psychologische Theorien ins Spiel. Eine derartige Kombination wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach vorgeschlagen, u.a. von Paul Costa und Robert McCrae, den Entwicklern des bekanntesten Big Five Tests, des NEO-PI. In diversen Studien* wurde nämlich festgestellt, das die fünf Big Five Faktoren größtenteils mit den Eigenschaften der alten Typenlehre von Carl Gustav Jung und dem MBTI übereinstimmen. In dieser Typologie, die mehr an Erfahrungswerten und Anekdoten orientiert ist - und daher in ihren Inhalten und Definitionen nicht dem heutigen Kenntnisstand entspricht -, wird jede Seite der Persönlichkeitseigenschaften neutral gesehen: jede beinhaltet sowohl positive als auch negative Bestandteile. Egal ob introvertiert oder extrovertiert, praktisch oder theoretisch, hart oder kooperativ, spontan oder geplant. Alles hat Vor- und Nachteile. Es gibt demnach kein positives oder negatives Ergebnis. Positiv oder negativ ist lediglich wie man die Eigenschaften - also seine individuelle Persönlichkeit - nutzt und auslebt.
Daher verfolge auch ich mit dem Typentest dieses Prinzip, alle Eigenschaften möglichst neutral darzustellen. Inhaltlich nutzt der Typentest nichts mehr von der alten Typologie von Jung und Co., sondern ausschließlich moderne Erkenntnisse aus dem Bereich der Big Five. Er verwendet allerdings das Konzept neutraler Typen, um die Big Five positiver darzustellen. Der Typentest bietet eine Kombination aus neutraler Typologie und moderner Wissenschaft.
Fazit
Die Big Five haben den
Vorteil, dass sie wissenschaftlich sehr fundiert sind. Es gibt
wortwörtlich tausende von Studien, die sich mit
den Big Five und ihren Auswirkungen auf unser Leben
beschäftigen. Kein anderes Persönlichkeitsmodell genießt
auch nur ansatzweise eine solch universelle Anerkennung. Nachteile sind die
positiv bzw. negativ geprägten Sichtweisen der fünf
Faktoren, so wie Streitpunkte einiger
Detaildefinitionen.
Eine Liste mit knapp 100 Quellen zum Thema findet sich in meinem Buch Menschenkenntnis - Der große Typentest.
Hier einige Ausgewählte:
Zum aktuellen Stand der
Big Five in der Forschung, und Sammlung vieler
weiterer Studien:
Paradigm Shift to the Integrative Big Five Trait
Taxonomy; Oliver P. John, Laura P. Naumann, Christopher
J. Soto; 2008; Handbook of Personality Theory and
Research 3rd Ed.; The Guilford Press
Ein theoriebasiertes, neutrales
Konzept der Big Five:
Individual reaction norms underlying the Five Factor
Model of personality: First steps towards a theory-based
conceptual framework; Jaap J.A. Denissen, Lars Penke;
2008; Journal of Research in Personality
Normverteilung:
Psychologie der Persönlichkeit, Jens Asendorpf, 2013
Umfassende
Kritik an den Big Five:
The
Five-Factor Framing of Personality and Beyond: Some
Ruminations, Jack Block, 2010
Zusammenhang zwischen
Jung/MBTI &
Big Five:
The relationship
between the revised NEO-personality inventory and the
Myers-Briggs Type Indicator, Adrian Furnham,
Adrian, Joanna Moutafi, John Crump, 2003
The big five versus the
big four: the relationship between the Myers-Briggs Type
Indicator (MBTI) and NEO-PI five factor model of
personality, A. Furnham, 1996
A “big
five” scoring system for the Myers-Briggs Type
Indicator, Robert J. Harvey, William D. Murry,
Steven E. Markham, 1995
Reinterpreting the
Myers-Briggs Type Indicator From the Perspective of the
Five-Factor Model of Personality, Robert R. McCrae, Paul
T. Costa Jr., 1989
Diese und viele weitere Studien sind über Google Scholar zu finden.
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